Samstag, 11. April 2009

Auferstanden oder doch eher gekreuzigt?

Diese Frage stellt und stellte sich mir heute anlässlich meines ersten 30+-Laufs nach Wochen der Pause. Wie wohl derzeit überall in Deutschland ist das Wetter wunderschön, die Sonne wärmt, der See liegt ruhig da wie eine Badewanne, und es ist keine Menschenseele unterwegs. Welt, lass dich umarmen!

So trotte ich vor mich hin, bis Kilometer 7 fällt es mir nicht schwer, und auch bei 10 und 15 bin ich noch wohlauf. Was da gerade in meinen Kopf zurückkehrt, ist eine Spur von (Über?)Mut. Schließlich sagt die Zwischenzeit bei knapp 15 Kiloemtern, dass ich mit meinem bewussten "Schleichen" heute vor dem Frühstück immer noch schneller unterwegs bin als letztes Jahr, wenn ich mich richtig drückte.

Irgenwann allerdings kommt der erwartete Hungerast, die Beine schmerzen, weil die Muskeln fest werden (beim Dehnen schmerzen sie auch, weshalb das auf ein Minimum beschränkt bleibt). Nun muss ich meine "Tricks" anwenden, wobei ich mich immer unversehens an dem Punkt wiederzufinden scheine, an den ich mich gerade psychologisch-link gedacht hatte. Unterdessen ist neben mir auch der Fluss mit den tief ins Wasse hängenden Weiden ganz ruhig - wie das Leben denke ich.

Das ist auch der Moment, in dem ich die Kopfhörer aus den Ohren ziehe. Die Vögel, ein Zug, manchmal ein Radfahrer, dessen Klingel bei jedem Buckel im Weg leise zirpt. Das ist hier ist meine Welt und Laufen mein Ding! Ich weiß es, und ich weiß es ausnahmsweise sogar, obwohl es mir langsam nicht mehr so richtig gut geht. Links am Hals verkrampft sich ein Muskel, mein Magen knurrt, ich spüre Durst und würde den See am liebsten Austrinken, dessen Ostseite im Schatten liegt und dessen Geruch unterstreicht, was der Anblick suggeriert - ich bin im Urlaub.

Dann hat mich die Stadt wieder, an einen Schlussspurt ist nicht zu denken, vielmehr freue ich mich auf etwas zu trinken, auf mein Frühstück und den Schatten meiner Wohnung. Mit letzter Kraft ziehe ich mich die einzelnen Stufen im Treppenhaus hoch. Es war eine Auferstehung, aber teilweise schmerzhaft wie eine Kreuzigung. Allerdings, damit mich niemand der Gotteslästerung bezichtigt: Wie alle Läuferinnen und Läufer tue ich mit diesem Hobby kein gutes Werk. Ich leide für mich - den anderen bestenfalls zum Vorbild.

4 Kommentare:

Hannes hat gesagt…

Ich freue mich, wenn du wieder "zu dir" gefunden hast und das Leben heute so richtig genießen konntest. Jetzt schon wieder 30 Kilometer ist natürlich aber auch eine Hausnummer - da ist es nicht verwunderlich, dass die Beine nun schwer sind.

Mach dir ein schönes Osterfest! Mit mehr Auferstehung und weniger Kreuzigung ;)

Christian hat gesagt…

Das liest sich sehr schön, vor allem der vorletzte Absatz spricht mich an und drückt sehr viel Emotion aus. Ich freu mich sehr für Dich, dass es Dir so langsam wieder Spass zu machen scheint lange Runden zu drehen.

Ich wünsch Dir schöne Osterfeiertage und weiterhin Freude am Laufen

Salut
Christian

Gerd hat gesagt…

Es ist schön wieder laufend von Dir zu lesen. Man kann auch die Freude am laufen wieder heraushören. Ich hoffe Du bewahrst dir diese Freude und kannst bald auch die langen Läufe bis zum Schluss genießen.
Schöne Ostertage!

Die Erleberin hat gesagt…

Danke an alle! Und ich will auch hoffen, dass die Freude anhält. Werde jdenfalls versuchen, den Elan nicht überzustrapazieren...