Freitag, 15. August 2008

Ab durch die Hölle?

In den Tagen vor einem wichtigen Wettbewerb versuche ich immer, mein Leben ein bisschen zur Ruhe kommen zu lassen. Es ist nicht nur so, dass ich meine, diese innere Sammlung für das Bevorstehende zu brauchen. Ich genieße sie auch richtiggehend als Wert in sich selbst.

So kam es, dass ich gestern nach langer Zeit mal wieder relativ zeitig und wachen Geistes im Bett landete. Daher hatte ich die Muße, noch zwei Kapitel bei Haruki Murakami zu lesen, dem laufenden Schriftstelle aus Japan, bei dem ich immer aufs Buchcover gucken muss, damit ich die ganzen "as" und "us" an die richtige Stelle setze.

Wie der Zufall es will, berichtet er genau in dem Kapitel, an dem meine gestrige Lektüre ankam, von seinem ersten - und bis dato wohl letzten - 100er. Die Einleitung ist gewaltig, das Bild, das er von der ehrfurchterregenden Streckenlänge entwirft und auch die Vorausnahmen seiner Erschöpfung können einen Nicht-Läufer sicher bange machen.

Ein bisschen voller Angst, mich in letzter Sekunde von meinem Vorhaben abbringen zu lassen (was aber nicht wirklich zur Debatte steht, außer bei ernsthaften Gesundheitsproblemen), las ich weiter. Nun ja, die geschilderten Strapazen sind völlig normal, zumal für jemanden, der ungefähr abschätzen kann, worauf er sich einlässt. Und dann habe ich noch den Bonus, dass das wirklich Unbekannte für mich erst jenseits der 70 einsetzt.

Was mir aber gefallen hat, ist die Tiefe, mit der Murakami die Wirkungen des Laufes auf sich selbst beschreibt: "Als 'Aktion, die stark vom Alltäglichen abweicht, aber prinzipiell dem rechten Wege nicht zuwiderläuft' könnte es dem individuellen Bewusstsein durchaus zu einer besonderen Erkenntnis verhelfen", ahnt er voraus. "[...]Vielleicht folgt daraus eine Veränderung der eigenen Lebensanschauung, ihrer Färbung und ihrer Form."

Seltsam, aber es ist etwas Ähnliches, das ich über die wirklich prägenden Momente meines Sporttreibens schreiben würde. Sowohl über den ersten Marathon (wo ich Schwierigkeiten hatte, mich von dem Glücksgefühl zu erholen), als auch von einem Fechtturnier, bei dem mich mein Betreuer unermesslich weiß über meine Komfort-Zone hinaus gepusht hatte. Sport - Weg zu sich selbst?

6 Kommentare:

Cecile hat gesagt…

Ist das witzig! Du hast gefochten! Ich auch 7 Jahren lang!!!
Übrigens von meinem ersten Marathon war ich 3 Wochen lang high! Danach leider nicht mehr!
Für deine ersten 100 km wünsche ich dir Glücksgefühle ohne Ende... und wenn doch keine kommen, dies Erlebnis ist wirklich Ultra. Es wird dir dein ganzes Leben auf jeden Fall begleiten! Es ist echt Warnsinn!

Anonym hat gesagt…

Lass dich nicht !

100 Kilometer zu laufen ist jedesmal ein Abenteuer, schwierig wird es irgendwann sowieso, und Kampf bereit bist du auch, da mache ich mir keine Sorgen.
Außergewöhnliches zu tun, es bis zum Ende zu führen, stärkt das Selbstbewusstsein ungemein, erleichtert das alltägliche Leben und macht unbändig stolz.

Freue dich darauf, am liebsten würde ich auch schon wieder, wenn ich das lese !

Die Erleberin hat gesagt…

@Cécile:
Ich habe 10 Jahre lang gefochten, davon auch ein halbes in Frankreich, was ich echt um Klassen besser fand als hier bei uns...

@ultraistgut:
Ich rechne damit, dass es schwierig wird.

An alle:
Jetzt höre ich auf zu schreiben, denn ich verliere so langsam vor Vorfreude den Verstand ;-)

Anonym hat gesagt…

"Sport - Weg zu sich selbst?"

Natürlich – auf jeden Fall!
Sport verändert – nicht nur äußerlich.

Ich drücke fest die Daumen für die 100.

Grüße
Gerhard

Pienznaeschen hat gesagt…

Vorfreude kann nicht schädlich sein, nur gut;)

Ich denk an Dich, drücke Dir die Daumen und fiebere mit ... viel Spaß und eine tolle Erfahrung!
Toi, toi, toi!!!

Kerstin hat gesagt…

100km, das ist ganz schoen weit! Klasse ist allein schon, dass du es in Angriff nimmst.

Dass man sich durch Sport veraendert habe ich auch festgestellt. Ist naemlich gut fuer die Seele.