Samstag, 19. September 2009

Auf dem steilen Pfad der Besserung

Ich bin ja so glücklich! Mein Lauf-Leben wird mich in Kürze wieder haben, hätte das eigentlich schon heute gekonnt, wenn... ihr dürft gespannt sein!

Die Nacht von Donnerstag auf Freitag war eine ziemlich unruhige für mich. Ursache war der Zustand zwischen Hoffen und Bangen, der sich an den Besuch bei der Orthopädin knüpfte. Klar, ich bin jung, habe eigentlich immer Sport gemacht, schmähe das Ausgleichstraining auch nicht ganz so sehr, wie ich es hier im Blog manchmal zwischen den Zeilen zu sagen pflege... Auf der anderen Seite: Was, wenn mein Hausarzt doch recht hat mit seiner "beginnenden Arthrose", erst in den Kniegelenken und jetzt auch noch in der Hüfte? Wieviele wenig aufmunternde Stories habe ich nur von den paar Leuten gehört, mit denen sich ein entsprechendes Gespräch ob meines Anblicks - humplend - nicht vermeiden ließ, von der jüngeren Schwester mit dem zweiten neuen Hüftgelenk bis zum Haarriss/Ermüdungsbruch?

Ihr ahnt es allerdings schon an der Überschrift: So schlimm steht es um mich nicht. Ich habe eine leichte Fehlstellung des Illiosakralgelenks (also zwischen den letzten beweglichen Wirblen und dem Wurmfortsatz), der typischerweise in den Beckenkamm ausstrahlt. Vermutlich eines Folge eines kalten Lüftchens in der Nacht, da ich bei offenem Fenster und gelegentlich wohl auch unbemerkt unbedeckt schlafe. Als behandlung bekomme ich nun ein paar Stunden Krankengymnastik, auf die ich gespannt bin, weil ich hoffe, ein paar neuer Übungen zu lernen oder ein paar eingeschliffene Fehler aus meinem Kräftigungsprogramm ausgemerzt zu bekommen. Von Sportpause ist aber zumindest ärztlicherseits keine Rede mehr!

Von Laufpause aber schon, denn obwohl ich eigentlich nicht zu spontanen Investitionen im vierstelligen Bereich neige, habe ich es gestern getan: Ich bin jetzt stolze Besitzerin eines Cross-Sportrads der Firma Marin, in Kackbraun und weil es ein Einzelstück war immerhin noch ein Drittel günstiger, als ich vermutlich in der kommenden Saison bezahlt hätte.



Allein der Besuch bei dem betreffenden Händler gestern war eine Offenbarung. Der Ladenbesitzer, seines Zeichens Rad-Trainer, kam schnell darauf (wie mir hier im Blog auch geraten), dass ein Mountainbike o.ä. für meine Verwendung als Ergänzung zum Laufen nicht der richtige Rad-Typ wäre. Mit dieser Info (und wegen der Rahmenfarbe) wäre ich dann eigentlich zum weiteren Nachdenken wieder gegangen. Dann ließ ich mich zu einer Probefahrt hinreißen, und war nach einem Kassensturz nicht mehr davon abzubringen, dieses Teil haben zu wollen.

Gelernt habe ich dann, dass die Götter beim Fahrradkauf nach den Entschluss den Schweiß gesetzt haben. Von der Länge des Vorbaus (der für mich leicht, aber nicht zu sehr gekürzt werden sollte) über die Reifen (das Rad wurde mit Winter-Cross-Reifen ausgeliefert, die natürlich für's Straßefahren nur bedingt Spaß bringen) und die Sattelbreite (mit Probesitzen auf einem Povermessungs-Kissen) bis hin zu Klickpedalen und passenden Schuhen (mehr alltagstauglich oder doch rein auf's sportliche Training zugeschnitten) verbrachte ich also nochmal geschlagene 2 Stunden im Laden. Und gönnte mir, weil's eh schon egal war und ich mir weder einen wunden Hintern noch Frostbeulen an den Gliedmaßen holen wollte, auch noch ein Set "übergangswarme" Radbekleidung dazu.

Und jetzt? Steht das Rad natürlich nicht rum und versauert. Nach kleineren Touren zu Mutter und Oma gestern (neue Errungenschaft vorführen plus Ausklick-Reflex üben) habe ich heute Morgen mein erstes richtiges Radtraining absolviert. Eigentlich sollten es maximal 40 Kilometer und die auch nur im GA1-Bereich werden. Doch natürlich kam es, wie es bei mir immer kommen musste. Nach einem traumhaft schönen Beginn-Schlenker nördlich meiner Wohnung auf ruhiger Landstraße, wo ich ostwärts durch den leichten Neben die Sonne aufgehen sehen sah, orientierte ich mich weiter nach Osten. Durch die Stadt, längs ein paar mir bekannter Dörfer und über Hügel, die ich bisher immer für "klein" gehalten habe. Doch obwohl ich dachte, ich sei noch gar nicht kaputt udn Garmin läppische 18 Kilometer anzeigte: ich stand praktisch mit dem Rad an der Steigung, mit harten, wenn auch nicht brennenden Oberschenkeln. Doch als erste radbezogene Erkenntnis stellte sich heraus: man kann sehr schnell wieder, zumal wenn man noch einen Gang runterschaltet und es leicht bergab geht. Und da ich die nächsten Hügel etwas konservativer (niedrigerer Gang) anging, kam ich relativ frisch nach "nur" 24 Kilometern wieder am Ortsschild von Braunschweig an.

Zu meiner Oma (bei der das gute Stück bis auf weiteres im Keller steht) würden es kaum mehr 6 Kilometer sein. Zu wenig für mein 40er-Ziel (berechnet nach der Fausregel Laufstrecke x3), also musste ich wohl (und nicht übel) einen weiteren "Schlenker" Richtung Süden in die Gegend meines Lieblings-Laufsees und meiner 30er-Laufstrecke einbauen. Ein paar mal verfahren (da ich natürlich nicht die geschotterte Laufstrecke nehmen wollte), doch bald bin ich im gewünschten, mir bekannten Ort, einmal abbiegen westwärts in das Revier meiner Kindheit, eine lange Landstraße mit kaum merklicher Steigung, und doch merke ich, dass meine Beinkraft fürs Radfahren nicht optimal trainiert ist.

Hatte ich mir eigentlich klar gemacht, dass dieses Dorf auf Braunschweig's höchster Erhebung (122m üNN) liegt? Ist mir bewusst, dass ich dieses Training nüchtern absolviere? Wohl nicht, das Dorf umfängt mich, ich fahre gemütlich die Hauptsraße entlang, es geht bergauf, ich folge einer abknickenden Vorfahrt, stehe wieder fast. Garmin piept: 3:25 Min. - fast eine Lauf-Geschwindigkeit.

Aber was soll's das hier ist ein erster Versuch, irgendwann bin ich auf der Kuppe, verlasse den Ort und gleite über die fast leere Landstraße mit Blick auf Windräder und den notorischen Fernsehturm die Landstraße entlang. Das nächste Dorf, die nächste Landstraße mit leichtem Anstieg und ein paar netten Kurven. Ich trete nochmal richtig in die Pedale und komme zu radbezogener Erkenntnis Nr. 2: Es ist eine andere Art der Entkopplung von Bei-sich-sein und Schmerz, die ich hier gerade erlebe. Dann bin ich im nächsten Ort, es geht praktisch nur noch bergab, dafür nimmt die Zahl der Autos stetig zu.

Ich lasse ein wenig rollen, bin dann endlich an der Ampel. Jetzt noch ein knackiger Anstieg (Bahndamm), und ich bin jenseits 40 gefahrener Kilometer auf der Zielgeraden, relativ entkräftet und mich freuend auf die Brötchen, die ich auf dem kurzen gelaufenen Rückweg (Schuhe habe ich im Trinkruckdack dabei) von meiner Oma zu mir beim Lieblingsbäcker mitnehme. Damit kann ich nun auch ermessen, warum Triathleten immer so eiern, wenn sie vom Rad zum Laufen übergehen, ich tu's nämlich vermutlich auch. Nicht völlig schmerzfrei, aber gar nicht mal so langam (5:32, 5:13) nach der Rad-Strapaze jogge ich nach Hause. Nur das Interval-Training muss wohl vertagt werden. Auf morgen in Griechenland ;-)

9 Kommentare:

Hannes hat gesagt…

Da geht es wirklich steil nach oben. Fiese Anstiege auf dem Rad.

Erstmal bin ich stolz auf dich, dass du dir nun so ein schönes Teil gekauft hast, das ist schon mal ein sehr guter Schritt nach vorne!

Dein Bericht von deiner Tour erinnert mich ein wenig an meine erste lange Tour auf meinem Rad, direkt nach den ersten Knieschmerzen beim Laufen, zum ersten Mal so recht unterwegs - und es war natürlich auch gleich eine riesig lange, anstrengende Strecke. Aber es tut gut und macht Mut.

Christian hat gesagt…

Na, da kann ich nur gratulieren, manchmal ist konsumieren eine echte Wohltat, vor allem wenn es sich um ein Sportgerät handelt.
Ich wünsch Dir viel Spass mit dem Bike, aber auch beim radeln gilt, langsam angehen das Ganze, gell ;-)

Salut

Die Erleberin hat gesagt…

@Hannes:
Jetzt bin ich verwirrt. ich dachte, du hättest kein sporttaugliches Fahrrad (s. dein Kommentar zum Posting von vorgestern)? Mein Bericht von meiner Tour erinnert mich vor allem sehr stark an mich selbst. Gut nur, dass ich schon VOR dieser unangenehmen Episode daran gedacht hatte, ein paar Einheiten durch das Rennrad zu substituieren. So bleibt wenigstens kein fader Beigeschmack von "Müssen" und "Ersatz".

@DocRunner:
Wie wahr, wobei ich mir immer noch vorgaukle, es käme bei meinem Konsum letztlich auf den Gebrauchswert an. Wie kommst du eigentlich auf "auch" langsam angehen? Mache ich den Eindruck, als wäre ich je etwas langsam angegangen? Bin einfach zu ungeduldig und teste zu gern meine Grenzen aus ;-(

Kerstin hat gesagt…

Wenn du erstmal in richtiger Radkondition bist koennen die Huegel auch nicht mehr schrecken. Wichtig ist regelmaessige Energiezufuhr, damit kommt auch die Kraft.
Hach, wenn ich deinen Bericht so lese kriege ich fast auch wieder Lust aufs Radfahren. Wenn da die Schwuele, der Verkehr und der schmale wacklige Lenker (bin durch die Schwangerschaft etwas balanceunsicher) nicht waere.
Aber es steht schon fest, dass wir uns so einen tollen Babyfahrradanhaenger kaufen und dann zu dritt auf Tour gehen. Und ich weiss auch schon, wer den zieht! ;-)

Gerd hat gesagt…

Eine Kluge Entscheidung dieses Rad zu nehmen. Ich denke Du wirst viel Spaß damit haben und es wird definitiv dein Lauftraining unterstützen.
Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Spaß damit!

MTBTier hat gesagt…

Hehe... und wieder wurde jemand zum Radsportler bekehrt. Pass auf, dass Du nicht die Lust am Laufen verlierst. ;-) Und natürlich herzlich Willkommen bei uns Bikern. :-)

Cecile hat gesagt…

Gratuliere dir zum Fahrrad! Sieht cool aus. Du wirst sehen, du wirst es lieben... Ich tue es auf jeden Fall. Noch schwimmen dazu und wir können nächste Jahr auf jeden Fall irgendwo zusammen starten!! :)
Schaue mal in www.rad-guide.de auf Rtf in der Gegend. Es ist echt cool. Kann ich nur empfehlen. Leider gibt es sie nur bis Okt.

Evchen hat gesagt…

*jammerlappenmodusan*
Du kannst wenigstens Radfahren und ganz bald auch weider laufen.

*jammerlappenmodusaus*

Das Teil sieht wirklich verschärft aus und hier kommt sicherlich der "Ich sehe sportlich aus, also bin ich es auch-Faktor" hinzu.
Könntest Du Dir denn vielleicht auch mal z.B. einen Duathlon vorstellen?

Weiterhin gute Besserung! :-)

Die Erleberin hat gesagt…

@Kerstin:
Da kann's aber jemand kaum erwarten, einen weiteren Sportler heranzuziehen ;-) Kim Clijsters hat uns das Muttersein und Sportlichsein ja jetzt vorgemacht...

@Gerd:
Ich lasse mich überraschen, auf jeden Fall wird es mich über die Zeiten bringen, in denen Laufen nicht nur langweilig, sondern auch qualvoll ist.

@MTBTier:
Ich habe da keine Befürchtungen. Und sollte ich beim Rad hängebleiben, wäre das auch nicht schlimm. Ich bin nicht auf die Welt gekommen und habe gesagt: "Laufen und sonst nichts!"

@Evchen:
Muss gleich mal in deinem Blog vorbeischauen, wie's dir geht. Und: Ja, ich kann wiedr habwegs schmerzfrei laufen.