Dienstag, 9. Dezember 2008

Eine gute Tat...


Wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, dann gibt es in meinem Leben nur sehr wenig Dinge, die ich völlig uneigennützig tue. Völlig uneigennützig, das heißt, ohne auch nur die fernste Erwartung, etwas dafür zu bekommen noch, weil ich in der Vergangenheit Gutes erfahren habe und dieses gern zurück geben möchte. Auch Freundschaften und das Kümmern um enge Verwandte gehören streng genommen in diese Kategorien. Oder wer von uns würde immer wieder den Kontakt zu einem Menschen suchen, wenn diese Treffen ihm nichts bedeuten, wir keine Liebe, Zuwendung, Anerkennung oder auch Verständnis erfahren.

Wenn man mit Gerhard Roth einem der bekanntesten Hirnforscher Deutschlands Glauben schenken mag, dann ist es auch gar nicht einmal so ungewöhnlich, dass wir uns von Trieben und Bedüfnissen lenken lassen, jedenfalls eher als von Verstand und Vernunft. Jedoch gibt es sie auch im praktischen Leben: einige wenige Momente, in denen die Vernunft über die Bequemlichkeit siegt, der Verstand über den Instinkt und wir fast in die Nähe dessen gelangen, was Denker, die die hehrsten Sätze über die menschliche Natur noch nicht aufgegeben haben, als "Altruismus" bezeichnen würden.

Zumindest aus meiner subjektiven Sicht und für mich gesprochen, kommt der immer mal wieder durchgeführte Akt des Blut spendens diesem "Ideal-"Zustand (wobei die Anführungsstriche dafür stehen, dass menschlich sein gegenüber ideal uns ja vielleicht auch erst zu dem macht, was wir sind!) ziemlich nahe. Denn egoistisch gedacht, müsste ich mich schon fragen, was ich denn da eigentlich tue: fast anderthalb Stunden meiner Zeit hergeben, mir vor einem ulkig aussehenden LKW die Beine in den Bauch stehen und frieren, mir eine Nadel in den Arm stechen lassen und auch noch einen knappen halben Liter meines Lebenssafts verlieren.

Dem gegenüber stehen die Argumente, die meiner Meinung nach nicht nur den Kampagnen findiger Werbemacher entspringen:

  • Blut kann man nicht kaufen, man kann es auch nicht synthetisieren oder längerfristig durch irgend einen anderen Stoff ersetzen.


  • Mit jeder Spende rettet man bis zu 3 Menschen das Leben bzw. ermöglicht ihnen wichtige medizinische Eingriffe; z.B. las ich irgendwo, dass ein erheblicher Teil des Blutes im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburten benötigt würde - gewissermaßen zählt er also doppelt!


Für mich interessanterweise sind die Argumente, die von vielen gegen eine Blutspende aufgeführt werden, dagegen unerheblich bzw. gegenstandslos. So bin ich mir ziemlich sicher, dass man sich

  • beim Blut spenden nicht mit gefährlichen Infektionskrankheiten anstecken kann.

  • es einem erwachsenen, gesunden Menschen nicht schadet, zwei- bis dreimal im Jahr einen solchen Aderlass über sich ergehen zu lassen.


Die Gründe für diese Annahmen sind zweierlei. Natürlich kann ich nicht alles über jedes mögliche Thema wissen. Aber von derlei Ansteckungen hätte man bei tausenden Spendern täglich mit Sicherheit schon gehört. Außerdem kann sich jede/r vor Ort augenscheinlich davon überzeugen, dass steril verpacktes "Entnahmebesteck" verwendet wird - es wird nämlich vor euren Augen ausgepackt bzw. trägt man es sogar ein Stückchen im Beutel mit sich herum. Und für Punkt 2 ist neben den vielen fidelen Blutspenderinnen und Blutspendern auch das Verfahren in Deutschland eine halbwegige Garantie. Niemand wird zur Spende zugelassen ohne eine kurze Konsultation mit einem Arzt. Und bei den vielen nicht offensichtlich Gebrechlichen, die dabei vorübergehend (d.h. für einige Wochen oder Monate) weggeschickt werden, ist es wahrscheinlich, dass die Kriterien in jedem Fall mit Blick auf die Gesundheit der Spendenden ausgelegt werden.

Blieben noch die Frage des Verkaufs von Blut und das flaue Gefühl in der Magengegend ob so vieler intimer Fragen und spitzer Gegenstände, die auf einen einzuwirken "drohen". Ersteres kommt selbstverständlich in den Medien wieder einmal hoch und mag wohl stimmen; allerdings ist es genau genommen ja nur ein Argument gegen das Verwertungssystem für Blutspenden und nicht etwa gegen die Blutspende selbst. Denn ob zu verkaufen oder nicht - Blut gibt es nicht im Laden.

Bleibt als letztes noch die Angst. Ein legitimes Argument, wie ich finde. Habe ich nämlich auch, und es hat ganz schön lange gedauert, bis ich meinen Willen und meine Stärke dazu bringen konnte, auf die Einladung zu einem Spendetermin in der Nachbarschaft stärker zu reagieren, als den Schisshasen in mir. Und selbst jetzt möchte ich nicht ausschließen, dass mein Puls vor einer Blutspende um 10-15 Schläger höher liegt als im wirklich entspannten Zustand. Nur fände ich es als erwachsener Mensch irgendwie seltsam, mich der Angst vor einer so kleinen Sache völlig hinzugeben. Denn in der "schlimmen" Variante (wie heute erlebt) tut der Eintich ungefähr 5 Sekunden weh, und danach muss man 8 Minuten mit der Gewissheit leben, eine ziemlich dicke Kanüle im Arm stecken zu haben - mit Hingucken oder wahlweise auch ohne.

Jedenfalls hatte ich heute endlich mal wieder genug roten Farbstoff im Blut, dass es für mich und noch jemanden reicht. Und wenn die Saison wieder losgeht, werde ich gute Taten dieser Art auch vernüftig timen müssen, um nicht im entscheidenden Moment alle Trainingsanstrengungen zunichte zu machen. Mal wieder eine gute Tat. Soweit möglich...

5 Kommentare:

Gerd hat gesagt…

Ich bewundere jeden der Blut spendet.
Leider kann ich es zu meiner Schande nicht.
Ich baue schon total ab wenn ich die Nadel sehe. Ich hatte es schon mal probiert. Da steht ein erwachsener Mann und hat Angst vor einer kleinen Nadel.
Sorry, aber mir ist das schon peinlich!

Die Erleberin hat gesagt…

@DiRo:
Muss dir aber nicht peinlich sein. Wenn du hingehst und vor Angst umkippst, ist niemandem wirklich geholfen. Allerdings dachte ich früher auch, ich würde bestimmt umkippen. Nach einmal überwinden und das Ganze mal mitmachen hat sich die VErmutung glücklicherweise nicht bestätigt. Allerdings hatte ich damals auch eine gute Motivation: brauchte 'ne Blutgruppenbestimmung für die Meldung zu einem Lauf ;-)

Anonym hat gesagt…

Blut-Spenden ist wahrlich eine gute Tat und so einfach, schade, dass das nicht mehr Leute raffen, meist erst, wenn sie selbst auf Spenden anderer angewiesen sind.

Habe jahrelang gespendet, bis es mir nicht mehr bekommen ist, brauchte mindestens eine Woche, bis ich wieder auf dem Damm war, und da gab ich es schweren Herzens auf.

Bleibe dabei, und du kannst ruhig schlafen !

Cecile hat gesagt…

Ich bin leider wie DiRo! Spritzen sind nicht mein Ding!! Da bin ich ein großer Angsthase!

Die Erleberin hat gesagt…

@ultraistgut:
Wenn es bei mir so schlimme Nachwirkungen hätte, würde ich auch nicht mehr spenden gehn. So viel Egoismus muss sein ;-)

@Cécile:
Mach' dor nichts draus, die Aussage könnte von mir stammen bzw. bin ich "eigentlich" immer noch eine Angsthäsin, aber was heißt schon eigentlich... Allerdings wundert es mich bei dir als Mutter. Da muss man doch meines Wissens schlimmere Dinge über sich ergehen lassen, als einen Piks in den Arm?