Seit langer Zeit war ich gestern mal wieder in einem Gottesdienst. Und, mir nicht ganz ungelegen, ging es um den Turmbau zu Babel, jene Symboltat menschlichen Hochmuts schlechthin, auf die Gott mit der Verwirrung der Sprache antwortet, aus Angst, das Menschengeschlecht sonst gar nicht mehr bändigen zu können.
Und was wäre, wenn man Gott aus der Geschichte wegdächte? Dann wäre vom Nichtverstehen der Beigeschmack der Strafe genommen, und es eröffneten sich neue Perspektiven. Die eine, sozialkritisch, kann sich der Frage zuwenden, ob nicht bei zu hoher Konzentration auf ein einziges Ziel Zwischentöne auf der Strecke bleiben - solche, deren Beachtung Missverständnisse verhindern und solche, die den Menschen den ihnen gebührenden Platz im Rahmen solcher "Projekte" einräumen. Und die andere, philosophisch, die herausstreicht, dass ohne die Möglichkeit von Missverständnissen, ohne, dass mein Gegenüber mit dem Gesagten etwas meinen könnte, das ich nicht damit verbinde, kein Planen, keine absichtsvolle Gestaltung der Zukunft, keine Utopien einer besseren Welt möglich wären. Denn das unterscheidet menschliches Handeln und Kommunizieren von dem der Tiere. Diese, instinktgesteuert, haben ein einziges Zeichen für jeden überlebensnotwendigen Daseinszustand, den sie Artgenossen mitteilen. Ein Hund bellt nicht im Konjunktiv! Wir dagegen haben die Chance, (noch) Unwahres zu kommunizieren.
Für mich ist Babel deshalb eine Geschichte des Möglichen: Wir Menschen haben die Gabe, unsere Zukunft bewusst zu planen. Und wir haben auch die Fähigkeit, bei den dazu notwendigen Vorhaben nicht im Befehlston miteinander zu sprechen, der mit dem Prinzip "ein Wort - eine Handlungsfolge" dem Hundegebell bedenklich nahe kommt. Diese zu nutzen, erweist sich immer mehr als Schlüssel, damit viele Menschen gemeinsam etwas auf die Beine stellen. Eine andere Lesart Babels also: Kommunikation ist eine Chance, soweit und so lange wir nicht taub werden für ihre Vielfalt und Zwischentöne.
Freitag, 18. Juli 2008
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