Früher bin ich am Sonntag und auch abends gern in die Stadt gegangen. Alles war ruhig, Tauben, die sich aus Papierkörben bedienten kündeten nostalgisch von der Betriebsamkeit des Tages, die nun allerdings in eine umfassende Ruhe übergegangen war. Wenn man Menschen begegnete, so waren es entweder die obligatorischen Stadtstreicher oder andere, die mit nichtssagendem bis entspanntem Gesichtsausdruck einen Spaziergang machen.
Allerdings war das die Zeit, bevor der Ladenschluss fiel und ein findiger, "wirtschaftsnaher" Bürgermeister "Events" zu kreiieren begann, die an mindestens einem Wochenende im Monat für eine Ausnahmegenehmigung zur Sonntagsöffnung langten. Heute fürchte ich mich teilweise vor den Wochenenden. Denn selbst wenn ich die unmittelbare Innenstadt meide, bekomme ich die Auswirkungen des dortigen Geschehens doch direkt in meinem sonntäglichen Ablauf zu spüren: der Verkehr auf der nahen Straße ist so laut wie am Werktagen, die ersten Laufkilometer stapfe ich durch Abgaswolken unter leidenden Allebäumen, und nicht mal meine Oma kann ich mit dem Auto abholen - vor ihrer Tür alles zugeparkt.
Dann wird mir irgendwann schlecht. Habt ihr schon einmal (zum Beispiel) einer Frau an der Kasse dabei zugeschaut, wenn sie ihr Portemonnaie öffnet und ihr hart Verdientes gegen irgendwelche "Dinger" eintauscht? Ein entwürdigend-traurigmachender Anblick. Und wie kann es sein, dass Kinder nur noch nach dem Prinzip "Um Kaufen betteln - ruhiggestellt sein" zu funktionieren scheinen? Genau das aber ist Konsum: er hält die Menschen gefangen, macht sie abhängig von sich und hindert sie nebenbei auch noch, etwas Schöneres in und mit ihrem Leben zu machen.
So tief, dass der Wechsel von der freien zur Konsumgesellschaft nur mir aufstößt, sind wir aber glücklicherweise noch nicht gesunken. Aufgrund eines Hinweises vom Kirchentag stiße ich auf diese Initiative der Katholischen Arbeitnehmerschaft. Von dort stammt unter anderem der bedenkenswerte Satz: "Der Sonntag zeigt uns, dass der Mensch in unserem kapitalistischen Wirtschaftssystem mehr ist als nur Produzent und Konsument. Wenn wir es nicht schaffen, den Sonntag als gesetzlich geschützten arbeitsfreien Tag zu halten, dann verlieren Ruhe und Muße ihren Wert und dienen einzig dazu, um im Hamsterrad der Arbeitswelt weiterfunktionieren zu können."
Wollen wir hoffen, dass das auch die Verantwortlichen - nicht selten aus "christlichen" Parteien - begreifen. Und es denen vor Augen führen, die über Stress, Erziehungs- und Geldprobleme und was dergleichen Absurditäten mehr sind, klagen.
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